Geschichte der Pfarre:
Im Jahre 1110 gründeten Ulrich I. von Wilhering und seine Frau Ottilie auf ihren Gütern im Altsiedelland nördlich der Donau in GRIMHARTESTETIN eine Patronatspfarre, deren Sprengel einen bedeutenden Umfang aufwies: von der Quelle der Kleinen Rodl führte die Grenze entlang dieses Flusses bis zu seiner Mündung in die Große Rodl und ging dann bis zur Donau bei Ottensheim. Im Süden bildete die Donau die Grenze, im Osten der Haselgraben, im Norden Böhmen. Kurz nach der Gründung des Stiftes Wilhering durch die Söhne Ulrichs I. von Wilhering, Ulrich II. und Cholo, vermachte ersterer von beiden 1147 testamentarisch der neuen Mönchsgemeinschaft Teile seines Grundbesitzes nördlich der Donau, wodurch umfangreiche Güter der jungen Pfarre in den Besitz des Stiftes übergingen. 1240 schenkte Friedrich II., der Streitbare, dem Kloster die Patronatsrechte der Pfarre. Seitdem sorgt Wilhering - von wenigen Ausnahmen abgesehen - für die Besetzung der Pfarre. Die Entwicklung des kirchlichen Organisationsnetzes hatte auch für die Urpfarre Gramastetten verschiedene Folgen: seit 1154 ist in Leonfelden eine Filiale nachweisbar, 1264 wird auf Betreiben Ulrichs von Lobenstein in Zwettl eine ebensolche eingerichtet, die sich 1395 als eigene Pfarre von Gramastetten loslöst. Bereits hundert Jahre zuvor, 1292, fand die Ausgliederung von Leonfelden als selbständige Pfarrei statt. Auch die heutigen Pfarren Oberneukirchen und Vorderweißenbach waren ursprünglich Gramastettner Pfarrgebiet. Im Jahre 1400 wurde durch Papst Bonifaz IX. die Inkorporation der Pfarre in das Stift Wilhering bestätigt und damit der Prozeß der Einbindung in den Einflußbereich des Stiftes abgeschlossen. Das 15. Jahrhundert brachte nach Überwindung der Notzeiten, die vor allem durch die Hussitenwirren entstanden waren, einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich sowohl im Neubau der Kirche als auch in der Marktrechtsverleihung durch Maximilian I. im Jahr 1518 zeigt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts fand in Gramastetten der neue Glaube Eingang (erster Hinweis aus dem Jahr 1539), und gegen Ende des Jahrhunderts bekannte sich fast die gesamte Bevölkerung zum Luthertum; es hatte im damaligen Pfarrer Erasmus Wurlacher eine starke Stütze: er bekannte sich zur Augsburger Konfession, war verheiratet und lehnte Ohrenbeichte und Sakramente ab. Nach langjährigen Auseinandersetzungen zwischen Stift und Pfarrangehörigen, in deren Verlauf Abt Alexander a Lacu einmal sogar tätlich angegriffen wurde (1589), konnte in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts langsam die Gegenreformation durchgesetzt werden. Die Bewohner des Pfarrgebietes hielten jedoch teilweise zäh an ihrer Überzeugung fest, erst 1633/34 konnte der Widerstand, der vor allem im Gebiet von Türkstetten geleistet wurde, mit Gewalt gebrochen werden; etliche Einwohner entschlossen sich zur Emigration. Zu den Unannehmlichkeiten, die dem Markt durch diese Zeitumstände erwuchsen, gesellte sich 1654 ein ausgedehnter Brand, der einen Teil des Ortes in Schutt und Asche legte. 1714 kam es im Zuge der Errichtung der Pfarre St. Gotthard zu einer weiteren Verkleinerung des Gramastettner Pfarrgebietes, die durch die josefinische Pfarregulierung mit ihrer Abrundung des Pfarrsprengels weiter fortgesetzt wurde: in den Jahren 1784-1786 verlor Gramastetten verschiedene Gebiete an die Gotteshäuser in Puchenau, Pöstlingberg, Herzogsdorf, St. Veit, Oberneukirchen und St. Magdalena und erhielt dadurch im wesentlichen die heute noch bestehenden Grenzen. Der Geist der Aufklärung und des Josefinismus hatte einen deutlichen Rückgang der blühenden barocken Frömmigkeit und des kirchlichen Lebens zur Folge, den das 19. Jahrhundert nur mit Mühe ausgleichen konnte. Die Errichtung der Kalvarienbergkirche und des Kreuzweges ab 1831 stellen ein wichtiges Dokument der kirchlichen Erneuerung in ihrer Frühzeit dar. Die aufwendige Neueinrichtung der Pfarrkirche unter Pfarrer P. Rudolf Peyrer (1878-1913) dokumentiert das entwickelte Selbstverständnis der katholischen Kirche im späten 19. Jahrhundert. Die historistische Neugestaltung der Kirche im Stil der Neugotik, wie sie sich auch heute noch präsentiert, zählt zu den "konsequentesten und qualitätvollsten in Oberösterreich" (Dr. Bernhard Prokisch). Altäre und Kanzel stammen aus der Altarbauwerkstatt Josef Kepplinger in Ottensheim und dessen ehemaligen Schüler Simon Raweder, die weitum Kirchen gestalteten. Die Figuren schnitzte Josef Ignatz Sattler, der mit den Hochaltarfiguren ein erstes selbständiges Werk vollbrachte (sein letzes großes Werk war die Weihnachtskrippe im Stift Wilhering). In Gramastetten beeindruckt nicht nur die Geschlossenheit der Innenraumgestaltung, sondern auch die Fülle der Details. So findet sich am Chorstühl (momentan leider auf der Empore der Kirche) ein Portraitkopf Otto v. Bismarcks, als Teufelsfratze dargestellt, - eine Anspielung auf den deutschen Kulturkampf. Die anderen Fratzengesichter wurden noch nicht identifiziert. Auf einem der Buntfenster ist Bischof Franz Josef Rudigier dargestellt mit dem Plan des Neuen Domes in Linz. Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde Gramastetten in den Jahren 1941-1945 Sitz des Abtes Balduin Wiesmayr, der sich wegen der Aufhebung des Stiftes Wilhering als Parrvikar hierher zurückzog. P. Konrad Just (1902-1964), der vor dem Krieg als Kooperator und nach dem Krieg als Pfarrvikar von Gramastetten wirkte, verbrachte die Zeit von 1938 bis 1945 in den Konzentrationslagern von Dachau und Buchenwald. Seine Predigten gegen den Nationalsozialismus und seine Kampfnatur hatten ihn bald zu einem "Staatsfeind" gemacht. Von seinem originellem Temperament zeugen noch viele lustige Anekdoten, die weit über Gramastetten hinaus bekannt sind. Unter dem Nachfolger von P. Konrad, P. Augustin Brandstetter, wurden im ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Pfarrhofes Pfarrheim und Kindergarten eingerichtet. In den Jahren 1982-1983 wurde die Pfarrkirche von Grund auf restauriert. Es gibt ein reges Pfarr- und Gemeindeleben mit vielen Aktivitäten und Vereinen. (Text von Kaplan Dr. P. Reinhold Dessl Gramastetten) |