Wachszieher u. Lebzelter -Erinnerung an ein altes Gewerbe von
Andi Schuhmann
Der Advent und die
damit verbundene innere Einkehr und vorweihnachtliche Ruhe gibt manchmal
Anlass zum Nachdenken. Weil man dazu unwillkürlich auch an Advent- und
Weihnachtsbäckerei denkt, möchte ich auf ein altes Handwerk hinweisen. Viele ältere
Gramastettner werden sich noch an den Lebzelten meiner Mutter, der
"Schuhmann Pepi" erinnern.
Sie hat das Gewerbe der Wachszieher und Lebzelter von Ihrer Mutter übernommen
und die Meisterprüfung 1946 abgelegt. Der Lebkuchen, der
aus traditionellen und sehr alten Rezepten hergestellt wurde, war in
Gramastetten und Umgebung eine sehr begehrte Süßigkeit. Sie hat diese
Köstlichkeit in der Küche Ihres Elternhauses, dem traditionellen
Gasthaus zur Post hergestellt. Später wurde der Gasthof von Ihrem
Bruder Max übernommen. Durch die guten geschwisterlichen Beziehung
konnte meine Mutter Ihre "Lebzelten" weiterhin in dessen Küche
backen. Der Lebkuchen wurde
hauptsächlich an Kirtagen in Gramastetten und Eidenberg verkauft. Je
nach Anlass wurden auch Lebkuchenherzen mit Sprüchen angeboten, die
Burschen Ihren Mädchen schenkten. Pumpernickeln, Taferl, glasierte
Stangerl, Radeln, Kirtagkipferl, Honigherzen, schwarzer Lebkuchen usw.
wurden aus verschiedenen Teigen hergestellt. Sehr beliebt waren
die "Packerln". Das waren in blaues Packpapier abgepackte
Taferln oder Pumpernickel .Mit weißen Bindfaden wurde oben ein Stück
Lebkuchen mit verschnürt, damit jeder wusste was drinnen war.
Klarsichtpackungen hat es damals Gott sei Dank noch nicht gegeben. Der
letzte Kirtag im Jahr war der Leonhardi Kirtag in Eidenberg. An diesem
Tag haben sie den Stand
meiner Mutter fast immer leer gekauft. Dann musste bereits
für den Advent, Nikolo und schließlich Weihnachten voraus gebacken
werden. Um "Nikolo" war es Tradition dass der Nikolaus den
Kindern Lebkuchen brachte. Natürlich wurden nur die "Braven"
beschenkt, die "Schlimmen" bekamen wenn es noch einmal
glimpflich ausging, einen Lebkuchen-Krampus ins Sackerl. Diese
Lebkuchenfiguren waren bei den Kindern sehr begehrt, weil sie mit
verschieden-farbiger Glasur kunstvoll verziert waren. Für Weihnachten
wurde Lebkuchen in verschiedenen Formen wie Ringe, Herzen, Engel, Sterne
gebacken. Einige wurden mit Eiweiß- oder Zitronenglasur glasiert, mit
verschiedenen Nüssen belegt und mit Liebe und handwerklichem Geschick
dekoriert. Kleine in blaues Packpapier gehüllte und verschnürte
Packerl waren ein beliebter Christbaumbehang. (BG124_12/00) |