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Die Riedlkapelle in Großamberg

Die finanzielle Situation wurde immer prekärer, die Schuldscheine mehrten sich, Baumaschinen und Mobiliar waren verpfändet. Bis 1897 wiesen die Realitäten 14 Hypotheken auf. Rosalie Riedl wurde von der Schuldenlast zur Aufgabe gezwungen.

Im Kürschnermeister Franz Ortner, Besitzer des Hauses Herrenstraße 14 in Linz, fand sie einen Käufer, der sie von der Schuldenlast befreien sollte. Im Vertrag vom 30. November 1897 verkaufte Rosalie Riedl die von ihrem verstorbenen Gatten übernommene Baufirma. Weiters verkaufte sie das Haus in der Rosenstraße samt den noch verbliebenen Grundstücken in Urfahr, die Villa in der Koglerau und den dortigen Grundbesitz. Vom Verkauf betroffen war auch das gesamte Mobiliar, das in den Pfändungsprotokollen des k.k. Bezirksgerichtes Urfahr, des k.k. Landesgerichtes Linz und des k.k. Bezirksgerichtes Ottesheim verzeichnet war, „sowie alle weiteren in den Rosa Riedl’schen Realitäten vorfindlichen Mobilien, insbesonders alle gepfändeten und nicht gepfändeten Baugeräthe und auch den in der Villa in der Kogerau Gramastetten befindlichen der Rosalia Riedl gehörigen Fahrnisse“ (Anm.: bewegliche Güter) „mit alleiniger Ausnahme der Leibeskleidung.“ In die Konkursmassen inbegriffen waren auch „alle der Firma Franz Riedl zustehenden Rechnungsguthaben, ob in den Büchern aufgezeichnet oder nicht, ebenso die Rechnungsguthaben, welche sich aus einer Überprüfung der Rechnungen der Firma Franz Riedl etwa nachträglich ergeben sollten.“ Weiters heißt es im Vertrag: „Rosalie Riedl bevollmächtigt Franz Ortner unwiderruflich für das ihr gemäß Concession vom 2. 7. 1892 zustehende Baumeistergewerbe einen Geschäftsführer oder Pächter zu bestellen und den Pachtschilling dieses Gewerbes bzw. den Ertrag der Geschäftsführung für sich zu behalten, sofern diese die Steuer und Abgaben bezahlt.“

Der Gesamtpreis für die verkauften Objekte und Rechte belief sich auf 41000 fl. Franz Ortner übernahm die Tilgung der Schulden und Hypotheken. Nach deren Abzug erhielt Rosalie Riedl die verbliebene Restsumme von 12556 fl ausbezahlt. Franz Ortner gestattete Rosalie Riedl vertraglich bis auf Widerruf die Fortbenutzung der bisher von ihr innegehabten Privatwohnung, der innegehabten Räumlichkeiten im Hause Rosenstraße Nr. 11 und des von ihm käuflich erworbenen Mobiliars. Rosalie Riedl verpflichtete sich, auf Verlangen des Franz Ortner die Realität zu räumen.

Wielange Rosalie Riedl mit ihrer Nichte noch in der Rosenstraße wohnte, ist mir nicht bekannt. Im Jahre 1900 findet man Rosalie Winklmüller in der Rudolfstraße 47 im Haus von Cäcilia Paral eingetragen. Rosalie Riedl, die Tante und Taufpatin von Rosalie Winklmüller, lebte von 1903 bis 1922 als „Private“ in Salzburg, zunächst in der Pfeifergasse 7 und ab 1908 in der Getreidegasse 40. In den Adressbüchern der Stadt Salzburg wird sie als „Baumeisterswitwe“ geführt. Was sie nach Salzburg verschlug und womit sie dort ihren Unterhalt bestritt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Am 31. Oktober 1922 jedenfalls verstarb Rosalie Riedl 76-jährig im Städtischen Versorgungshaus Waldegg (heute Pflegeheim der Stadt Linz, Glimpfingerstraße) in Linz. Sie wurde auf dem Friedhof in Urfahr bestattet. Das Grab existierte bis 1942 und wurde dann neu belegt. Die Nichte Rosalie Winklmüller war zu dieser Zeit nach Steyr gezogen. Die Grabstätten von Franz Riedl und Marie Winkelmüller bestanden schon länger nicht mehr und dürften vor dem Ersten Weltkrieg im Zuge eines Friedhofumbaus aufgelassen worden sein.

 

Rosalie Winklmüller

Über das Leben von Rosalie Winklmüller ist nicht viel in Erfahrung zu bringen. Nach dem Tod der Eltern waren sie und ihre ältere Schwester Marie bei Tante Rosalie Riedl aufgenommen worden. Nach 1897 lebte Rosalie Winklmüller vorerst weiterhin in Urfahr.

Im Alter von 24 Jahren brachte Rosalie Winklmüller am 25. Juli 1907 in der Landesfrauenklinik ein uneheliches Mädchen zur Welt, dem sie den Namen Margaretha Elfriede gab. Nach fünf Wochen starb das Kind an den Fraisen. Das Mädchen wurde in Hörsching begraben. Rosalie Winklmüller wohnte zu dieser Zeit in Hörsching No.18 als „ledige Private“. Vier Jahre später, am 27. September 1911 gebar sie einen Sohn namens Johann Heinrich. Der Vater war ein Herr Johann Witzani aus Mödling bei Wien. Johann Heinrich Winklmüller wurde Landarbeiter, heiratete 1939 in Hofkirchen im Traunkreis und starb 1986 in Linz. Vor seinem Tod lebte er in Asten und wurde dort auch beerdigt.

Seit 1941 war Rosalie Winklmüller in Steyr gemeldet. Sie hatte dort jedoch auch vorher schon als Bedienerin gearbeitet. In weiterer Folge verlegte sie mehrmals ihren ordentlichen Wohnsitz zwischen Steyr und Urfahr und blieb 1958 endgültig in Steyr. Eine Freundin hatte ihr zu einem Platz im Altenheim Tabor verholfen, wo sie am 24. September 1965 schließlich verstarb. Sie wurde in Steyr begraben.

Die Enkeltochter dieser Freundin, Frau Elfriede Reznar aus Steyr, bewahrt noch Kindheitserinnerungen an „Tante Rosa“. Frau Reznar erzählte, daß Rosalie Winklmüller zeitlebens eine „arme Haut“ gewesen sei. Bevor sie sich endgültig in Steyr niedergelassen hatte, habe sie eine armselige Wohnung in Urfahr in der Gstöttnerhofstraße 6 bewohnt. Mit ihrem unehelichen Sohn habe sie keinen Kontakt unterhalten. Rosalie Winklmüller habe nie einen richtigen Beruf erlernt. Verheiratet war sie ebenfalls nicht. Wie sich Frau Reznar erinnert, sei es immer der größte Wunsch von Rosalie Winklmüller gewesen, noch einmal im Leben die geliebte Koglerau zu sehen, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte. Doch dieser Wunsch sei nicht mehr in Erfüllung gegangen.

 

Oberst Franz Edler von Préveaux

Nun gilt es, Oberst Franz Edlen von Préveaux vorzustellen, der am 30. Juli 1865 in Pilsen in Böhmen geboren wurde. Sein Vater war Assekuranzbeamter. Franz Préveaux besuchte die Realschule und faßte, wie auch sein jüngerer Bruder Rudolf, den Entschluß, Offizier zu werden.

Von 1879 bis 1883 absolvierte Franz Préveaux die Infanteriekadettenschule in Prag. 1883 verpflichtete er sich zum Dienst im Heer für sieben Jahre, in der Reserve für drei Jahre und zu zwei Landwehrjahren und assentierte zum Infanterieregiment Humbert I König von Italien No.28. Seine militärische Ausbildung führte ihn zu verschiedenen Infanterieregimentern. 1891 war er zum Oberleutnant aufgestiegen und kehrte im Jahr darauf in den Companiedienst zum Infanterieregiment No.28 zurück. In den Jahren 1893/94 war Garnisonsort dieser Einheit Linz.

In dieser Zeit lernte Franz Préveaux seine Braut Marie Winkelmüller kennen, die er allzu früh verlor. Fünf Jahre nach ihrem Tod heiratete Hauptmann Franz Préveaux am 5. November 1900 die aus Warnsdorf in Böhmen stammende, 19-jährige Olga Libora, eine Tochter des Landesgerichtsrates Wenzel Libora. Der Ehe entstammten keine Kinder.

Die militärische Laufbahn von Franz Préveaux ging weiter. Er war nun zum Kompaniekommandanten beim Infanterieregiment Freiherr von Merkl No.55 aufgestiegen. In der Qualifikationsliste werden die privaten Verhältnisse als finanziell geordnet beschrieben. Franz Préveaux verfügte über ein jährliches Nebeneinkommen von 2000 Kronen. Durch die häufig wechselnden Garnisonsorte und durch Reisen verfügte Préveaux über militärisch bedeutsame Länderkenntnisse in Böhmen, Ostgalizien, der Bukowina, im Burgenland sowie in der Umgebung von Linz. Die Qualifikationsliste weist folgende Garnisonsorte aus: Brixen, Königgrätz, Prag, Berann, Zloczów, Linz, Predazza, Pilsen, Pisek, Budweis, Kaplitz, Brzezany und Tarnopol. Franz Préveaux sprach perfekt deutsch, „zum Dienstgebrauch genügend“ „böhmisch“ und „nothdürftig“ polnisch. Als besondere Geschicklichkeit wurden Fechten und Stenographie angeführt.

Aus dem Jahre 1893, der Zeit, als Préveaux in Linz stationiert war, liegt eine ausführliche Personsbeschreibung vor. Dernach war Franz Préveaux eher klein und schmächtig. Er maß 157cm, hatte ein ovales Angesicht und dunkelbraune Haare, graue Augen sowie braune Augenbrauen. Nase und Mund wurden als „proportioniert“ beschrieben, das Kinn als „spitzig“. Weiters steht in der Personsbeschreibung zu lesen: „fester Charakter, heiter, gut befähigt mit rascher Auffassung. Kennt seine Dienstobliegenheiten vollkommen. Führt einen Zug, sowie die Companie in den verschiedenen Gefechtslagen recht gut und hat auch als Interims-Companie-Commandant gut entsprochen. Sehr guter Instuctor. Ist im Waffen- und Schießwesen vollkommen bewandert und versteht es hierin gut zu instruieren. Hat auch in diesem Jahre als Commandant einer Rekruten-Abtheilung recht gut entsprochen. Als Nachrichtenpatrouill-Commandant sehr gut verwendbar. Guter Schütze.“ Auch das Benehmen findet man beschrieben: „Gegen Vorgesetzte: gehorsam und pflichtgemäß offen. Gegen Gleichgestellte: freundlich und entgegenkommend. Gegen Untergebene: streng, dabei wohlwollend und von guter Einwirkung.“ „Guter, sehr beliebter Kamerad. Gegen Höhere achtungsvoll und zuvorkommend; gegen Niedere taktvoll. Hat sehr gute Umgangsformen.“

In den Ersten Weltkrieg trat Franz Préveaux als Oberstleutnant und Kommandant des IV. Feldbataillon des Infanterieregimentes 55 ein. Die Einheit war im August 1914 an der Ostfront in Gefechte bei Tarnopol und Wierzbno verwickelt. Am 28. August 1914 wurde Obstlt. Préveaux Interimskommandant des Infanterieregimentes 55. Er kämpfte bei Korzelice, Mühlbach und Lubien. Hier wurde er am 9. September 1914 schwer verwundet. Ein Schuß in den linken Unterarm zersplitterte beide Unterarmknochen.

Franz Préveaux wurde nach drei Tagen in das Garnisonsspital 1 in Wien eingeliefert und stand in weiterer Folge bis 10. Mai 1915 im Reservespital in Budweis und im Rot. Kreuzspital in Prag III in Behandlung. Am 12. 5. 1915 gelangte er im Hinterland in Dziedzilz erneut zum Einsatz und organisierte eine Woche lang die Aufstellung einer neuen Einheit sowie den Kriegsgefangenenabschub. Danach wurde Obstlt. Préveaux Kreiskommandant-Stellvertreter und am 14. August 1915 schließlich Kreiskommandant des Kreises Miechów in Polen und blieb dies bis Kriegsende. In ihrer Ausgabe vom 14. 11. 1916 meldete die Wiener Zeitung die Beförderung zum Oberst.

Auch aus dieser Zeit liegt eine Qualifikationsbeschreibung vor. Er wird als „gediegener, rechtschaffener Charakter“ bezeichnet, als „sehr ehrgeizig und betriebsam“, aber auch „consequent, dabei wohlwollend und fürsorglich.“ Er „weiß bei seinen Untergebenen durch eigenes Beispiel Pflichtbewußtsin und Dienstesfreudigkeit zu erhalten.“ Seine „Eignung“ beschränkte sich nun auf „Administrativposten im Hinterlande“, wo er als „sehr guter Kreiskommandant“ beschrieben wird.

Franz Préveaux hatte eine Reihe von Orden und Decorationen erhalten: den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse mit der Kriegsdekoration, das Militärverdienstkreuz 3. Klasse mit der Kriegsdekoration, das Militärverdienstkreuz 3. Klasse, das Militärdienstzeichen 3. Klasse für Offiziere, die bronzene Jubiläumserinnerungsmedaille für die bewaffnete Macht, das Militärjubiläumskreuz und das Erinnerungskreuz 1912/13.

Eine Auszeichnung ganz besonderer Art stand noch bevor, die Erhebung in den Adelstand. Nach 30-jähriger Dienstzeit hatten Offiziere einen „systemmäßigen Anspruch“ auf die Verleihung des österreichischen Adelstandes. Da Préveaux in Miechów weilte, bevollmächtigte er am 6. Jänner 1916 den Kaiserlichen Rat Emilian Wurmb in Wien, die erforderlichen bürokratischen Formalitäten zu übernehmen.

Am 31. Jänner 1916 richtete Obstlt. Préveaux ein Majestätsgesuch an Kaiser Franz Joseph:

„Eure Majestät!

Auf Grund einer mehr als dreissig-jährigen, im Frieden, wie im Kriege bewährten, wiederholt Allergnädigst ausgezeichneten Dienstleistung in Eurer Majestät ruhmreicher Armee wage ich in tiefster Ehrfurcht um huldreiche Erhebung in den österreichischen Adelstand mit dem Ehrenworte „Edler“ zu bitten und die nachfolgend verzeichneten Behelfe zu unterbreiten: 1. den Wappenentwurf; 2. die Beschreibung des Wappens; 3. die kurzgefasste Beschreibung meines Wirkens im Allerhöchsten Dienste mit Angabe der mir Allergnädigst verliehenen Auszeichnungen; 4. meine Erklärung über die Entrichtung der Diplomausfertigungsgebühren und der Ehrenwortstaxe. In unbegrenzter Ehrfurcht wagt sich zu unterzeichnen: Euer Majestät treugehorsamster Untertan Franz Préveaux k.u.k Oberstleutnant.“

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Text und Fotos (c) Dr. Thomas Schwierz